Wie oft kommt ein Schlaganfall vor?

Pro Jahr treten in Deutschland rund 270.000 Schlaganfälle auf. Etwa 3/4 der Patient*innen, die einen Schlaganfall erleiden, sind über 65 Jahre alt. Wie in vielen Bereichen der Medizin gab es auch im Bereich des Schlaganfalls in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte, so dass die Sterblichkeit der Patient*innen und insbesondere das Ausmaß der Behinderungen durch Schlaganfälle deutlich zurückgegangen sind.

Was ist eigentlich ein Schlaganfall?

Die Steuerzentrale unseres Körpers, das Gehirn, ist auf eine ständige Sauerstoff zufuhr durch das Blut angewiesen. Sobald die Blutzufuhr unterbrochen ist, treten innerhalb von Minuten Schäden an den Nervenzellen auf. Diese Schäden führen zunächst zu einer gestörten Funktion der Nervenzellen und dies führt zu den klinischen Symptomen, die von den Betroffenen bemerkt werden. Im Anfangsstadium können sich die Schäden und damit auch die Funktionseinbußen noch zurückbilden. Ist die Blutzufuhr aber länger unterbrochen, sind die Schäden nicht mehr rückbildungsfähig und führen zu einem dauerhaften Funktionsausfall. Wie viel Zeit man im Einzelfall hat, ist ganz schwer vorhersagbar, weil dies individuell sehr unterschiedlich ist. Grundsätzlich darf aber keine Zeit verloren gehen, um ein optimales Behandlungsergebnis zu erzielen.

Welche Symptome hat ein Schlaganfall?

Schäden an den Nervenzellen beeinträchtigen deren Funktion und führen zu Ausfall-Symptomen, die der/die Patient*in bemerkt. Ausfall-Symptome können sein:

  • Lähmung oder Gefühlsstörung (Taubheit, Kribbeln) einer Körperhälfte (Arm und Bein auf der gleichen Seite)
  • Sehstörungen (z.B. Blindheit auf einem Auge, Störung des Gesichtsfeldes auf einer Seite)
  • Störungen der Sprache (Wortfindungsstörungen, verwaschene Sprache, Verlust der Sprache)
  • Koordinationsstörungen
  • einseitig herabhängender Mundwinkel
  • Sehen von Doppelbildern 

Die Vielfältigkeit der Symptome resultiert daraus, dass unterschiedliche Hirnregionen betroff en sein können. Charakteristisch ist, dass die Symptome plötzlich auftreten, das heißt, sie breiten sich nicht aus oder wandern, sondern sind schlagartig da.

Was sind Risikofaktoren für einen Schlaganfall?

Es gibt Risikofaktoren, die sich nicht beeinflussen lassen, so wie Alter, Geschlecht und genetische Risikofaktoren. Da im Alter die Regenerationsfähigkeit des Körpers nachlässt, steigt das Risiko für viele Erkrankungen, unter anderem auch für Schlaganfälle. Vom Schlaganfall sind häufiger Männer als Frauen betroffen, da heutzutage klassische Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck bei Männern weiter verbreitet sind.

Unsere genetische Ausstattung lässt sich ebenfalls nicht beeinflussen. Dies ist ein wichtiger Punkt, gerade wenn es um das Thema Cholesterin geht. Cholesterin ist ein unverzichtbarer Baustein unserer Zellmembranen. Die Menge unseres im Körper zirkulierenden Cholesterins wird durch Transportmoleküle geregelt. Die Menge dieser Transportmoleküle ist wiederum genetisch geregelt und mündet bei vielen Patienten in einem erhöhten Cholesterinspiegel im Blut (=Hypercholesterinämie).

Deshalb spielt das durch die Nahrung aufgenommene Cholesterin tatsächlich eine eher untergeordnete Rolle und niemand muss auf sein sonntägliches Ei verzichten. Wenn sich aber zu viel Cholesterin im Blut befindet, wird es in den Gefäßwänden abgelagert, führt zur sogenannten Gefäßverkalkung und erhöht ab einem bestimmten Ausmaß das Schlaganfallrisiko. Mittlerweile gibt es überzeugende wissenschaftliche Daten, dass ein niedriger Cholesterinspiegel das Schlaganfallrisiko verringert. Daher ist bei einem Schlaganfall die Cholesterinsenkung ein wichtiger Baustein und da das mit der Nahrung aufgenommene Cholesterin wenig Einfluss auf das im Blut transportierte Cholesterin hat, gelingt eine ausreichende Senkung nur mit Medikamenten.

Theoretisch ließen sich aber 80 % der Schlaganfälle verhindern, wenn man die beeinflussbaren (=modifizierbaren) Risikofaktoren für einen Schlaganfall gut kontrolliert. Der absolut wichtigste modifizierbare Risikofaktor ist der Bluthochdruck. Hier gilt es, ihn auf jeden Fall zu vermeiden und den Blutdruck so einzustellen, dass er immer unter 140 zu 90 mmHg ist. Ein weiterer wichtiger Risikofaktor ist Bewegungsmangel. Es wird empfohlen, sich mindestens 4 Stunden pro Woche so anzustrengen, dass man ins Schwitzen kommt. Auch starkes Übergewicht birgt ein höheres Risiko für Schlaganfälle. Daher sollte man versuchen, ein normales Gewicht zu erreichen bzw. zu erhalten.

Des Weiteren sollte auf eine gesunde Ernährung geachtet werden. Viele Patienten fragen, was gesunde Ernährung ausmacht. Was nun richtig gesund ist, wird auch unter Medizinern häufig kontrovers diskutiert. Allerdings ist vielen Menschen klar, welche Lebensmittel ungesund sind, z.B. Fast Food, stark verarbeitete Lebensmittel (Fertiggerichte, Wurstwaren), Süßigkeiten, Knabbereien, gesüßte Getränke (auch zuckerfreie gesüßte Getränke), fleischlastige Ernährung, übermäßiger Alkoholkonsum. Diese Ernährung hat sich weit verbreitet, weil sie praktisch ist und vielen Menschen gut schmeckt. Wir sehen aber schon an vielen Stellen, dass sie auch Probleme bereitet. Die Anzahl übergewichtiger Menschen steigt und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Diese Lebensmittel sollen nicht vollständig verdammt werden, aber weniger ist in diesem Fall mehr - und zwar mehr Lebensjahre. Natürlich ist auch Rauchen ungesund und sollte auf jeden Fall vermieden bzw. beendet werden.

Liegt ein Diabetes mellitus (Zuckererkrankung) vor, so begünstigt dies auch das Schlaganfallrisiko und der Diabetes sollte gut eingestellt sein, um das Risiko möglichst gering zu halten.

 

Was passiert bei einem Schlaganfall?

In etwa 80-85 % der Fälle ist ein Blutgerinnsel, welches sich entweder lokal im Gehirn gebildet hat oder im Gefäßsystem bzw. Herzen entstanden ist und ins Gehirn verschleppt wurde, die Ursache des Schlaganfalls. Da das Gehirn ungefähr 1/4 unseres Blutes in Anspruch nimmt, ist die Chance, dass Gerinnsel ins Gehirn gelangen, leider sehr hoch. Diese Schlaganfälle werden ischämische Schlaganfälle oder Hirninfarkte genannt. Bei ungefähr einem Viertel dieser Schlaganfälle kommen die Gerinnsel aus dem Herzen, bei einem weiteren Viertel sind Verengungen der hirnversorgenden Arterien die Ursache und ein weiteres knappes Viertel wird durch Störung der Durchblutung der kleinsten kleinsten Gefäße verursacht. Das letzte Viertel setzt sich aus einer Vielzahl seltenerer Ursachen zusammen und in manchen Fällen findet sich auch für uns keine fassbare Ursache. Die Blutgerinnung ist ein normaler Vorgang, der uns täglich vor Blutungen schützt, aber manchmal auch ohne äußeren Grund überschießend aktiv ist.

Wie werden Schlaganfälle behandelt?

Bei einem Schlaganfall kommt es auf Schnelligkeit an. Die meisten Erfolgschancen haben Patient*innen, wenn der Schlaganfall durch ein Gerinnsel verursacht wird und die Patient*innen bzw. Angehörige schnell handeln. Bei Auftreten von Schlaganfallsymptomen sollte sofort der Rettungsdienst verständigt werden und umgehend eine Abklärung im Krankenhaus erfolgen. Selbst wenn die Symptome nur wenige Minuten dauern, was bei Gerinnseln der Fall ist, die sehr klein sind und sich auch wieder auflösen können, ist trotzdem Gefahr im Verzug. Es geht nämlich um das erhöhte Risiko der Gerinnselbildung, der die Patient*innen dauerhaft gefährdet, und dieses Risiko sollte soweit wie möglich durch die Diagnostik und Therapie minimiert werden. Ob ein Gerinnsel die Ursache des Schlaganfalls ist oder eine Hirnblutung kann nur mittels einer CT- oder MRT-Untersuchung herausgefunden werden. Auch dies ist ein Grund, bei Schlaganfallsymptomen umgehend das Krankenhaus aufzusuchen. Heutzutage ist es möglich, die Gerinnsel medikamentös aufzulösen oder sogar mit einem kleinen Schlauch (Katheter) aus dem Gefäßsystem zu entfernen. Die Erfolgschancen sind umso größer, je früher das passiert und daher gilt es, keine Zeit zu verlieren („Time is Brain“).

Sind Hirnblutungen Ursache des Schlaganfalls, so wird die Blutung gestoppt und wenn nötig auch operativ entfernt. Für diese Fälle besteht eine enge Kooperation mit der Klinik für Neurochirurgie am Marienhospital Osnabrück. Auch nach der ersten Behandlungsphase sind Sie bzw. Ihre Angehörigen bei uns in guten Händen. Ein Team von Neurolog*innen, speziell geschulten Pflegekräften, Logopäd*innen und Ergotherapeut*innen hilft Ihnen, wieder schnell auf die Beine zu kommen und die entstandenen Beeinträchtigungen durch gezielte pflegerische Maßnahmen und Rehabilitation zu reduzieren. Danach helfen wir und unser Team von Sozialarbeiter*innen Ihnen bei der Auswahl der richtigen Rehabilitationsklinik, wenn noch Ausfallsymptome bestehen, oder bei der Hilfsmittelversorgung für Zuhause.

Die Bilder zeigen eine Darstellung eines gerinnselbedingten Gefäßverschlusses durch eine kontrastmittelgestützte Katheterangiographie. Auf der linken Seit kann durch das Gerinnsel Blut bzw. das Kontrastmittel nicht mehr passieren. Nachdem mittels eines Katheters das Blutgerinnsel entfernt worden ist, kann auf der rechten Bildseite dargestellt, das Blut bzw. Kontrastmittel wieder durch das Gefäß fließen.

Wie sieht die weitere Diagnostik und Therapie aus?

Da die Quelle der meisten Schlaganfälle eine überschießende Gerinnselbildung ist, wird zunächst durch eine sogenannte blutverdünnende Therapie dieser Mechanismus in Schach gehalten. Dann werden durch CT- oder MR-Untersuchungen des Gehirns, Ultraschalluntersuchungen der hirnversorgenden Gefäße und des Herzens sowie die Untersuchung des Herzrhythmus mögliche Quellen gesteigerter Gerinnselbildung ermittelt und gezielt behandelt. Darüber hinaus können wir durch Blutuntersuchungen und Überwachung des Blutdrucks Ihr individuelles Risiko ermitteln und durch Behandlung Ihr Schlaganfallrisiko bestmöglich senken.

Für die meisten Patienten mit Schlaganfall bedeutet dies, dass neben der blutverdünnenden Therapie auch eine cholesterinsenkende Therapie und eine blutdrucksenkende Therapie dauerhaft nötig sind. Da die Gerinnung ein normaler und notwendiger Vorgang ist, gelingt es nicht immer, eine Quelle gesteigerter Gerinnselbildung zu finden. Aber auch in diesem Fall, wenn keine genaue Ursache des Schlaganfalls gefunden werden kann, helfen die Medikamente und gesundheitsbewusstes Verhalten, das Risiko für erneute Schlaganfälle zu reduzieren. 

Auch bei Schlaganfällen durch eine Hirnblutung wird über die gleiche Diagnostik das Risiko ermittelt und soweit wie möglich ausgeschaltet.

Um im Einzelfall die Ursache des Schlaganfalls zu beheben und damit das Risiko eines erneuten Schlaganfalls zu minimieren, kommen unterschiedliche Therapien infrage. So können zum Beispiel Verengungen der Halsschlagader operativ bzw. interventionell saniert werden. Gerinnselquellen im Herzen können durch neuartige Implantate beseitigt werden. Bei Hirnblutungen durch Kurzschlüsse im Gefäßsystem, können diese durch innovative Katheter-Verfahren beseitigt werden. Ebenfalls durch Implantate können Gerinnsel bildende Herzrhythmusstörungen besser erkannt werden.

Somit steht den Patient*innen eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten offen, die wir im Bedarfsfall einsetzen, um zusammen mit den Patient*innen und deren Angehörigen die individuelle und richtige Entscheidung treffen zu können.

Nachweis eines Schlaganfalls im MRT in der linken Bildhälfte (das betroffene Gewebe zeigt sich als helle Punkte auf der linken Seite durch ein verstreutes Blutgerinnsel). Ursache des Schlaganfalls ist eine hochgradige Verengung der Halsschlagader (auf der rechten Bildseite dargestellt). Diese Verengung wird operativ beseitigt.

Wie geht es weiter?

In der Nachsorge von Schlaganfällen spielt die Kontrolle der kardiovaskulären Risikofaktoren eine große Rolle. Hiermit sind insbesondere der Bluthochdruck, die Cholesterin-Stoffwechselstörung und der Diabetes gemeint. Diese Risikofaktoren werden durch die niedergelassenen Hausärzt*innen bereits flächendeckend gut eingestellt. Wenn sich spezielle Fragestellungen ergeben, kann auch im Verlauf eine ambulante neurologische Vorstellung sinnvoll sein. Wir arbeiten auch an Konzepten, die Nachsorge für die Patient*innen mit Schlaganfall professioneller zu gestalten und ihnen mehr Hilfe zukommen zu lassen (Stichwort Schlaganfall- Lotsen).

Informationen für Patient*innen und Angehörige

Die Schlaganfall-Einheit ist eine Spezial-Station, die sich vornehmlich um Patient*innen mit Schlaganfällen kümmert. Durch die hohe Standardisierung wird auch ein hoher Qualitätsstandard erreicht, der ihnen zu Gute kommen soll.

Die Redensart: „Mich triff t der Schlag“, was ein plötzliches, unkontrolliertes und eher unangenehmes Ereignis bedeutet, bringt die Erkrankung Schlaganfall sprichwörtlich auf den Punkt. Man bekommt meist aus subjektiver Gesundheit ein nicht selten behinderndes Symptom und sucht das Krankenhaus auf. Für die meisten Menschen ist die Diagnose oder Verdachtsdiagnose eines Schlaganfalls zunächst ein Schock und daraus ergeben sich sehr viele Fragen:

Zurück zum Seitenanfang