23.05.2014: Schüler, nein danke?

Pflegewissenschaftliches Lernforschungsprojekt des Kurses E Oktober 2011

Sind wir Schüler in der Praxis nur billige Arbeitskräfte für lästige Aufgaben? Bekommen wir für unsere Arbeit genügend Wertschätzung? Nehmen wir Arbeit ab oder stellen wir sogar eine zusätzliche Belastung für die examinierten Pflegekräfte dar?

Um diese und weitere Fragen zu beantworten haben wir, der E Oktober 2011 uns im Rahmen des Pflegewissenschaftsunterrichts mit dem Thema „Der Stellenwert des Schülers in der Praxis aus Sicht der examinierten Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen“ auseinander gesetzt.

Unsere Literaturrecherche zeigte Studien die bestätigten, dass die anleitende Pflegekraft als Person mit dem höchsten Einfluss auf  die praktische Ausbildung angesehen wird. Umgekehrt wollten wir deshalb wissen, ob die Schüler der Gesundheits- und Krankenpflege einen hohen Stellenwert im Stationsalltag besitzen.

Nach einer gemeinsamen Besprechung unseres Themas in der Gruppe, kamen wir unter Anderen zu folgenden Hypothesen:

- Durch die Mitarbeit eines zugeteilten Schülers fühlt sich die
   examinierte   Pflegekraft entlastet oder negativ formuliert: „belastet“.

-  Die examinierte Pflegekraft hat den Anspruch ein guter Praxisanleiter zu
   sein.

-  Der Schüler ist vollwertiges Mitglied des Stationsteams.

Mit dem Ziel vor Augen unsere Hypothesen zu bestätigen oder zu widerlegen und um die Anleitung, Betreuung und Begleitung des Schülers in der Praxis transparenter darzustellen, erstellten wir für eine quantitative Studie einen Fragebogen. Nach einem durchgeführten Prätest im Bildungszentrum St. Hildegard und anschließender Modifikation des Bogens verteilten wir insgesamt 155 Exemplare auf verschiedenen Stationen des CKM, FHH und MHO, die dort von examinieren Pflegekräften ausgefüllt wurden.

Eine erste gute Resonanz bekamen wir bereits beim Wiedereinsammeln der Bögen. So erhielten wir von den verteilten 155 Exemplaren erfreuliche 121 (78,1%) zurück, die wir in den folgenden Stunden auszuwerten hatten. Hier lernten wir als Kurs, was ein im Verhältnis gesehen kleines Forschungsprojekt für große Arbeit macht.

Da wir nur ein sehr enges Zeitfenster hatten, teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Eine war für die reine Auswertung der Daten mithilfe des Programms Excel, die andere für die Gestaltung der Präsentation zuständig. Während dieser Phase unseres Projektes gehörte es dazu, die ein oder andere Minute nach regulärem Schulschluss länger zu bleiben oder die Mittagspause auch mal zu kürzen.

Die Arbeit machte sich dann schließlich aber bezahlt. Durch eine Vielzahl von aussagekräftigen Ergebnissen, konnten wir unsere neu erworbenen Daten hinsichtlich unser zuvor aufgestellten Hypothesen überprüfen und analysieren.

Zunächst besonders zu erwähnen ist hierbei die durchaus mehrheitlich belegte positive Grundeinstellung der examinierten Pflegekräfte gegenüber den Schülern der Gesundheits- und Krankenpflege. Über 90% sehen den Schüler / die Schülerin als festen Bestandteil des Stationsteams an und ebenfalls rund 90% empfinden die anfallende Arbeit durch die Mithilfe von Schülern als leichter zu bewältigen. Als weitere Bestätigung hierfür sind mehr als die Hälfte der examinierten Pflegekräfte der Meinung, dass die Schüleranleitung keine zusätzliche Belastung bedeutet.

Unsere Hypothese, dass die Schüler und Schülerinnen eine Entlastung für die examinierten Pflegekräfte sind, wurde somit bestätigt. Weiterhin konnten wir aus den Ergebnissen herleiten, dass die Rolle des Schülers nicht nur eine Arbeitsentlastung darstellt sondern ebenso ein großes Augenmerk auf den eigentlichen Lernbedarf gelegt wird. So sagen mehr als 80% der Befragten, dass sie motiviert seien Schüler anzuleiten und es ihnen wichtig ist, dass Erfahrungen aus der Praxis mitgenommen werden und neues Wissen vermittelt wird.

Nach subjektiven Berichten von vielen Schülern, herrscht oft der Eindruck, dass examinierte Pflegekräfte dennoch, unabhängig vom Ausbildungsstand, ein Hauptaugenmerk auf die Erledigung der eher “einfachen Aufgaben”, wie zum Beispiel das Abarbeiten der Klingeln oder dem Verteilen der Mahlzeiten, legen. Hierbei leidet dann letztendlich der Lernanspruch und das Gefühl entsteht, man sei eine degradierte Arbeitskraft.

Auch diesen Punkt versuchten wir als Kurs durch unser Projekt zu objektivieren. Auf die Frage hin, welche Aufgaben ein Schüler auf der Station primär zu erledigen habe, unterteilten wir die Antwortmöglichkeiten nach Unter- bzw. Oberkurs, um eine eventuelle Verschiebung bei höherem Ausbildungsstand nachweisen zu können. Die Befragten nannten beim Unterkurs unter anderen gehäuft die Körperpflege, Aufräumarbeiten, und das Abarbeiten der Klingeln. Beim Oberkurs jedoch wurden Infusionen und Injektionen, das Begleiten der Visite und die spezielle Pflege als primär wichtige Aufgaben benannt. Eine Beschränkung auf die bereits erwähnten “einfachen Tätigkeiten” während der gesamten Ausbildungszeit wurde also hierbei von den examinierten Pflegekräften widerlegt.


Neben diesen und einigen weiteren positiven Erkenntnissen, besonders für uns Schüler, erhielten wir jedoch auch einige erwartete negative Ergebnisse. Die allseits bekannte knappe Personalbesetzung habe demnach laut 90% der Befragten eine schlechte Auswirkung auf die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege. Dies könnte auch in der Zukunft Probleme nach sich ziehen, da die heutigen Auszubildenden die Anleiter der zukünftigen Auszubildenden sein könnten, und sich somit eine Art Teufelskreis ergibt.


Alles in Allem konnten wir aus unserem Forschungsprojekt jedoch ein weitestgehend
positives Fazit ziehen. Schüler sind auf den Stationen willkommen,und die Arbeit gestaltet sich durch sie leichter. Der Anspruch als Lernbedürftige/r wird erkannt und hält sich weitestgehend in der Waage mit dem Anspruch der examinierten Pflegekräfte an die Schüler, Arbeit abzunehmen. Wie aber auch in vielen Punkten spielt der Personalschlüssel ebenfalls in der Ausbildungsgestaltung eine große Rolle, die sich oft auch negativ auf Dienstplan, Zusammenarbeit und Anleitung auswirkt.

 

An dieser Stelle nochmals ein Dankeschön an die examiniert Pflegenden im CKM, FHH und MHO, die bereit waren uns ihre Zeit zu widmen und unseren Fragebogen auszufüllen. Erst dadurch war es uns möglich Antworten auf unsere Forschungsfrage zu bekommen.

Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle auch unserer Dozentin Frau Lamkemeyer und unseren Dozenten Herrn Schönhoff, die unser Projekt begleitet, vielfältig unterstützt und mit getragen haben.

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