15.02.2013: Pflegeforschungsprojekt des EK Oktober 2010
Der Berufsstand der Pflege in der Gesellschaft
Das Forschungsprojekt des EK Oktober 2010
„Trinkt ihr Krankenschwestern nicht den ganzen Tag lang nur Kaffee? In eurem Beruf kann man doch echt eine ruhige Kugel schieben. Da kann man sich wirklich nicht beklagen.“
Mit solchen Aussagen werden wir privat und beruflich häufig konfrontiert, sobald bekannt wird, dass wir in der Gesundheits- und Krankenpflege tätig sind.
Darum haben wir, der EK Oktober 2010 des Bildungszentrums St. Hildegard und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflegeschule Osnabrück, uns im Rahmen einer schulischen Projektarbeit mit dem Thema „ Ansehen der Pflege in der Gesellschaft“ beschäftigt.
Dazu haben wir folgende Hypothesen aufgestellt:
Hypothese 1: Je größer das Interesse für Krankenhausserien ist, desto realitätsfremder wird das Berufsbild der Gesundheits- und Krankenpflege.
Hypothese 2: Je intensiver der Kontakt zur Berufsgruppe der Gesundheits- und Krankenpflege ist, desto mehr wird der Beruf gewürdigt.
Hypothese 3: Je besser die Öffentlichkeitsarbeit die Gesellschaft über die Gesundheits- und Krankenpflege informiert, desto weniger Klischees treten über dieses Berufsbild auf.
Um unsere Hypothesen zu untermauern oder zu widerlegen, haben wir in unserem Kurs einen Fragebogen erstellt. Mit diesem haben wir uns an verschiedenen Orten in der Osnabrücker Innenstadt positioniert. Insgesamt wurden 122 Fragebögen ausgefüllt. Die Teilnehmer waren zu 63,9% weiblich, 36,1% männlich und das Alter lag überwiegend zwischen 18 und 29 Jahren.
Im Vorfeld wurde zur Erstellung des Fragebogens zu den Hypothesen eine Literaturrecherche betrieben.
Im Folgenden werden zu den einzelnen Hypothesen sowohl die Ergebnisse der Literaturrecherche als auch unsere Forschungsergebnisse vorgestellt.
Hypothese 1
Das Fazit zur Hypothese 1 „Je größer das Interesse für Krankenhausserien ist, desto realitätsfremder wird das Berufsbild der Gesundheits- und Krankenpflege.“ beschreiben wir wie folgt:
Ein großer Teil der Befragten schaut regelmäßig Krankenhausserien. Besonders häufig werden „In aller Freundschaft“, „Dr. House“, „Scrubs“ und „Grey`s Anatomy“ im Fernsehen verfolgt.
Hier stellte sich heraus, dass die Zuschauer von Krankenhausserien überwiegend „In aller Freundschaft“ für sehr unrealistisch halten und laut Auswertung „Scrubs“ am ehesten der Realität entspricht.
In unserer Umfrage haben wir festgestellt, dass die Befragten die Krankenhausserien dennoch insgesamt für nicht sehr realistisch halten.
Somit wird die oben genannte Hypothese widerlegt.
Insgesamt wurde bei einer erwünschten Aufzählung der alltäglichen Tätigkeiten im Fragebogen deutlich, dass sich die Teilnehmer (unabhängig von den Serien) nicht genug im Krankenhausalltag auskennen. Somit haben sie ein verfälschtes Berufsbild der Gesundheits- und Krankenpflege.
Aus der Literatur geht jedoch hervor, dass bereits ein nicht realistisches Bild der Pflege in Deutschland durch Krankenhausserien existiert. Das äußere Erscheinungsbild einer Krankenpflegerin wird oft als sexuell begehrenswert beschrieben.
Hypothese 2
Je länger der Aufenthalt der Befragten in einem Krankenhaus war, desto anspruchsvoller werden die Tätigkeiten im Beruf angesehen.
Fast 90% der Teilnehmer, die über einen längeren Zeitraum (länger als vier Wochen) im Krankenhaus waren, gaben an, dass sie den Pflegeberuf für sehr anspruchsvoll halten. Hingegen äußerten Personen, die über einen kurzen Zeitraum (bis eine Woche) im Krankenhaus waren, dass der Beruf weniger anspruchsvoll sei.
Je mehr Kontakt zu einer Pflegeperson besteht, desto eher vertraten die Befragten die Meinung, dass diese ein höheres Einkommen erhalten sollte.
Bestand weniger Kontakt, wurde das Einkommen als angemessen, bei gar keinem Kontakt teilweise sogar als zu hoch eingestuft.

Knapp über 90 % der Befragten, die sich gut über den Pflegeberuf informiert fühlten, gaben an, dass dieser als sehr anspruchsvoll zu sehen ist.
Die gleiche Meinung vertraten 45 % der Teilnehmer, die sich schlecht über den Pflegeberuf informiert fühlten.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Pflegeberuf umso schlechter angesehen wird, je weniger die Befragten Kontakt zu diesem Beruf haben. Dementsprechend geringer werden auch das Soll-Gehalt der Pflegenden und der vorauszusetzende Schulabschluss eingeschätzt. Hingegen haben Befragte, die intensiven Kontakt zu Pflegenden und dementsprechend höhere Kenntnisse über Aufgaben und Belastungen in dem Arbeitsfeld haben, ein positiveres Bild von dem Beruf. Ebenso wird die Pflege von diesem Personenkreis als anspruchsvoller angesehen.
Eine Vorahnung auf dieses Ergebnis lieferte bereits die im Vorfeld durchgeführte Literaturrecherche: Zwar wird die Pflege von großen Teilen der Bevölkerung als eine bedeutende Tätigkeit angesehen, jedoch ist das Berufsfeld von negativen Klischees und Vorurteilen geprägt. Entsprechend gering sind die Verdienstmöglichkeiten.
Sowohl die Literatur als auch die Umfrageergebnisse bestätigen somit die zweite Hypothese.
Hypothese 3
In der Literatur findet man zum Berufsbild der Gesundheits- und Krankenpflege überwiegend positive Quellen.
So wird in Pflegefachzeitschriften wie „Die Schwester, der Pfleger“ oder „Pflegezeitschrift“ die Gesundheits- und Krankenpflege in den Eigenschaften Aufrichtigkeit und ethischen Verhalten sehr hoch in der Gesellschaft angesehen.
Wo hingegen die Pflege aber auch als hoher Kostenfaktor angesehen wird und in den Bereichen wie Kompetenz, Einfluss und Einkommen nicht punkten kann und dadurch viele aus dem Beruf aussteigen oder ihn gar nicht in Erwägung ziehen. Die vielen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten werden nicht genannt. „Kann also jeder pflegen?“, fragt sich auch H. M. Kasselmann in seinem Artikel “Image der Pflege in Deutschland“ und verneint diese Frage vehement. Der Beruf sei schwer, aufopferungsvoll und mit Ekel verbunden, zudem seien die Arbeitszeiten sehr einnehmend und gerade daher rieten Eltern ihren Kindern oft von diesem Beruf ab, laut Kasselmann. Insgesamt zeige sich, dass die Gesellschaft Respekt vor dem Beruf der Gesundheits- und Krankenpflege habe und diesen wertschätze, selber aber lieber einen anderen Beruf mit höherem Ansehen ergreife.
Die von uns befragten Teilnehmer, die sich über den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflege gut informiert fühlen, finden ihn sehr anspruchsvoll (60-65 %).
Einige Teilnehmer, die sich mäßig informiert fühlten, halten den Beruf für nicht anspruchsvoll (11%).
Andererseits findet der Großteil (63%) der schlecht informierten Teilnehmer den Beruf der Gesundheits- Krankenpflege sehr anspruchsvoll.
Daran erkennt man, egal wie gut die Gesellschaft über den Beruf informiert ist, dass er als sehr anspruchsvoll angesehen wird.
Die Relation zwischen der Information über den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflege und dem persönlichen Erscheinungsbild zeigt deutliche Ergebnisse:
Die Teilnehmer unserer Umfrage fühlen sich über den Beruf insgesamt mäßig informiert. Nur 17,3 % fühlten sich sehr gut, 18,2 % gut informiert. Doch trotz dessen, dass viele Teilnehmer schlecht oder gar nicht informiert waren, haben alle adäquate Antworten auf die Frage nach dem äußerlichen Erscheinungsbild einer Gesundheits- und Krankenpflegerin gefunden. So stellten sich 36,6 % der Befragten eine Gesundheits- und Krankenpflegerin gepflegt, 23,0% freundlich vor. Des Weiteren wünschten sie sich angemessene Kleidung sowie ein kompetentes Auftreten. Nur vereinzelt wurde zum Beispiel der Wunsch nach einer „weiblichen, vollbusigen Hollywood-Krankenschwester“ geäußert. Insgesamt erschließt sich, dass trotz geringen Wissensstandes fast alle Befragten ein realitätsnahes Erscheinungsbild einer Gesundheits- und Krankenpflegerin haben.
Die Ergebnisse der Literaturnachweise sowie die der Umfrage zu der Hypothese zeigen, dass der Beruf sehr angesehen ist.
Trotz schlechter Öffentlichkeitsarbeit treten nur vereinzelt Klischees auf. Schlussfolgernd ist zu sagen, dass der Beruf der Gesundheits- und Krankenpflege als sehr realitätsnah von der Öffentlichkeit beschrieben wird.
Somit ist die dritte Hypothese widerlegt.
Verfasser: Auszubildende des Kurses EK Oktober 2010
Betreuende Lehrkräfte: Cordula Kokerbeck
E-Mail: cordula.kokerbeck@ bzsth.de
Doris Lummer
E-Mail: doris.lummer@ bzsth.de