Rund eine Millionen Menschen werden jedes Jahr in Deutschland aufgrund von Medikamentenwechselwirkungen im Krankenhaus behandelt. Deshalb ist am Tag der Patientensicherheit (17. September) immer auch die richtige Medikamentengabe ein wichtiger Aspekt.
Das Franziskus-Hospital Harderberg der Niels-Stensen-Kliniken hat in puncto Medikamentensicherheit eine landesweite Vorreiterrolle: Lange bevor jetzt Niedersachsen als erstes Bundesland in diesem Jahr Stationsapotheker zur Pflicht gemacht hat, hat das Franziskus-Hospital bereits die Ausgabe von Medikamenten auf den Stationen überwacht: Medikamente jedes Patienten werden von den Apothekern erfasst und unter anderem auf Wechselwirkungen geprüft.
Denn: Oft erhalten Klinikpatienten eine Vielzahl von Medikamenten, dabei kann es in Krankenhäusern bundesweit zu Fehlern kommen. „Manche Menschen kommen mit mehr als 15 verschiedenen Arzneimitteln zu uns“, berichtet Stephanie Niemeyer, Leiterin der Krankenhausapotheke: „Alle diese Medikamente durchzusehen, ist für die Ärzte sehr zeitaufwendig. Also unterstützen wir die Kollegen und erhöhen hiermit gleichzeitig die Sicherheit für die Patienten.“
Jährlich werden im Franziskus-Hospital über 3000 Medikamente von Patienten kontrolliert. „In mehr als 200 Fällen müssen wir Änderungen vornehmen“, so Stephanie Niemeyer. Ursachen hierfür seien oft Unverträglichkeiten der Medikamente untereinander. Manchmal seien auch Anpassungen der Dosis nötig, zum Beispiel an die Funktion von Niere oder Leber.
Was in den Kliniken für Orthopädie und Innere Medizin begann, wurde auf andere Einsatzorte ausgeweitet, auch auf die Zentrale Notaufnahme: Die Medikamente werden gleich bei der Aufnahme überprüft und gegebenenfalls angepasst. „Die Arbeit ist hier eine völlig andere“, so Niemeyer: „Die Patienten kommen unvorbereitet in die Notaufnahme und haben oft ihren Medikamentenplan nicht dabei.“ Dann ist detektivischer Spürsinn gefragt. Manchmal führt ein Kontakt mit dem Hausarzt zum Ziel, anderenfalls müssen Angehörige angerufen oder die Tiefen einer Einkaufstasche mit Medikamentenschachteln erforscht werden.
Der Einsatz der Apothekerinnen wird durchweg sehr positiv von den Ärzten bewertet: „Jede Minute, die wir durch die Arbeit der Apothekerinnen gewinnen, können wir uns zusätzlich um die Erkrankung kümmern, mit der sich der Patient bei uns vorstellt“, erklärt Prof. Dr. Karsten Müssig, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin. Für seine Kollegen und ihn ist die Unterstützung nicht mehr wegzudenken. So finden zum Beispiel in Müssigs Klink wöchentliche Sitzungen statt, in denen die Antibiotika-Therapie von Patienten durchgesehen und bei Bedarf überarbeitet wird. „Gerade für junge Assistenzärzte ist das neben der täglichen Betreuung durch den Oberarzt eine gute Möglichkeit, Erfahrungen im richtigen und verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika zu sammeln“, erläutert Prof. Dr. Müssig.
Um Verwechselungen von Medikamenten auszuschließen, wurden weitere Maßnahmen ergriffen, darunter die schriftliche Anordnung von Medikamenten, die standardisierte Verwendung eines Etikettierungssystems, die grundsätzliche Beschriftung von Spritzen, eine klare Ordnung in den Bereichen, in denen die Medikamente gelagert werden, die Kontrolle durch eine zweite Person oder durch ein technisches Hilfsmittel und die systematische Erfassung und Auswertung von Fehlern.