Oft ist detektivischer Spürsinn gefragt

FHH - Franziskus-Hospital Harderberg

Bei der Einführung von Stationsapothekern nimmt das Franziskus-Hospital Harderberg eine Vorreiterrolle ein

Das Land Niedersachsen hat beschlossen, bis 2022 sogenannte Stationsapotheker in Krankenhäusern einzuführen. Das ist die Konsequenz aus der Mordserie durch einen ehemaligen Krankenpfleger in Oldenburg. Die Stationsapotheker sollen die Ausgabe von Medikamenten überwachen. Ein ungewöhnlich hoher Medikamentenverbrauch wie im Rahmen der Mordserie soll künftig schneller auffallen.

Bei der Einführung von Stationsapothekern nimmt das Franziskus-Hospital Harderberg eine Vorreiterrolle ein. Konkret sieht das dort so aus: Stationsapothekerin Nina Hindersmann nimmt in der Klinik für Orthopädie von Chefarzt Privatdozent Dr. Olaf Rolf die Medikamente jedes Patienten auf und prüft diese auf Wechselwirkungen.

„Manche Menschen kommen mit mehr als 15 verschiedenen Arzneimitteln zu uns“, berichtet sie: „Alle diese Medikamente durchzusehen, ist für die Ärzte sehr zeitaufwendig. Also unterstützen wir die Kollegen und erhöhen hiermit gleichzeitig die Sicherheit für die Patienten.“

Nina Hindersmann und ihre Kollegen haben zum Beispiel 2018 rund 2200 Medikamente von Patienten kontrolliert. „In mehr als 200 Fällen mussten wir Änderungen vornehmen“, so Stephanie Niemeyer, Leiterin der Krankenhausapotheke. Ursachen hierfür seien oft Unverträglichkeiten der Medikamente untereinander. Manchmal seien auch Anpassungen der Dosis nötig, zum Beispiel an die Funktion von Niere oder Leber.

Was in der Klinik für Orthopädie begann, wurde auf andere Einsatzorte ausgeweitet. So sind die Apothekerinnen inzwischen auch in der Zentralen Notaufnahme tätig. Die Medikamente werden gleich bei der Aufnahme überprüft und gegebenenfalls angepasst. „Die Arbeit ist eine völlig andere als in der Orthopädie“, sagt Nina Hindersmann. „Die Patienten kommen unvorbereitet in die Notaufnahme und haben oft ihren Medikamentenplan nicht dabei.“ Dann ist detektivischer Spürsinn gefragt. Manchmal führt ein Kontakt mit dem Hausarzt zum Ziel, anderenfalls müssen Angehörige angerufen oder die Tiefen einer Einkaufstasche mit Medikamentenschachteln erforscht werden.

Der Einsatz der Apothekerinnen wird durchweg sehr positiv von den Ärzten der Notaufnahme beurteilt. „Jede Minute, die wir durch die Arbeit der Apothekerinnen gewinnen, können wir uns zusätzlich um die Erkrankung kümmern, mit der sich der Patient bei uns vorstellt“, erklärt Dr. Christian Abrahamczik, ärztlicher Leiter der Notaufnahme. Für seine Kollegen und ihn ist die Unterstützung nicht mehr wegzudenken.

Auch auf den Stationen verstärken die Apothekerinnen das Ärzteteam. So finden in den Klinken für Innere Medizin und Orthopädie wöchentliche Sitzungen statt, in denen die Antibiotika-Therapie von Patienten durchgesehen und bei Bedarf überarbeitet wird. „Gerade für junge Assistenzärzte ist das neben der täglichen Betreuung durch den Oberarzt eine gute Möglichkeit, Erfahrungen im richtigen und verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika zu sammeln“, erläutert Professor Dr. Müssig, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin.

Für Nina Hindersmann ist der Schritt aus der Apotheke hinaus an das Krankenbett eine wertvolle Erfahrung, die sie nicht missen möchte.

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