Georgsmarienhütte. Der katholische Theologe und Psychologe Dr. Wunibald Müller hat in einem Festvortrag anlässlich des Magdalenen-Tags die Psyche von Priestern beleuchtet. In der Veranstaltung, zu der die Magdalenen-Klinik der Niels-Stensen-Kliniken eingeladen hatte, berichtete er aus Erfahrungen mit Priestern im Recollectio-Haus der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, dessen Leiter er bis April war.
In der Einrichtung können sich Priester wegen psychischer und psychosexueller Probleme therapieren lassen. Prof. Dr. Wolfgang Weig, Ärztlicher Direktor der Magdalenen-Klinik, zog Parallelen von Recollectio-Haus und Magdalenen-Klinik. Auch die Magdalenen-Klinik habe bereits zahlreiche Priester aus dem deutschsprachigen Raum behandelt, ebenso Ordensleute und kirchlich Verbundene. Sie machten rund ein Drittel der Therapiegäste aus.
In seinem Vortrag ging Dr. Müller auf die Bedeutung der psychischen Gesundheit von Priestern ein. Sie bräuchten Menschen, mit denen sie sich auch privat regelmäßig austauschen könnten und ihre Ängste, Sorgen und Nöte besprechen könnten.
Eine wichtige Voraussetzung für Priester sei, dass sie sich selbst lieben könnten. Der Referent habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass viele Priester die Liebe zu sich selbst mit Egoismus verwechselten. Ebenso gefährlich sei es, wenn Priester allein auf Bestätigung von außen setzten. Dr. Müller riet Geistlichen zudem, mehr auf sich zu achten, „nein“ zu sagen, wenn es für ihren Selbstschutz wichtig sei. Das verhindere ein Ausbrennen. „Manche Priester wollen allen alles sein“, schilderte der Psychologe.
Es gebe auch Priester die austauschbar seien: Sie hätten keine Farben, keine Konturen, keine „Schatten“. Dr. Müller betonte, dass Fehlverhalten menschlich sei. Viele Priester hätten allerdings das Problem, nicht mit dem Fehlverhalten umgehen zu können und dazu zu stehen. Er appellierte an sie, „Gott in alle Zimmer des Hauses hereinzulassen“.
Ebenso wichtig ist es laut Dr. Müller, dass Priester Liebe und Feuer leben. Das gelte auch für Beziehungen. Ohne selbst zu lieben, könne keine Liebe empfangen werden. Das gelte auch für Intimität und Sexualität: „Die Natur lässt sich nicht austreiben, sie kehrt stets zurück“, zitierte er.